Die grossen Frauen meiner Kindheit haben anderes zu tun gehabt, als sich um ihre Haushaltsführung Gedanken zu machen. Dian Fossey, Simone de Beauvoir, Artemisia Gentileschi, Piratenprinzessinnen, Weltraumfahrerinnen und Meeresbiologinnen, alle mussten wohl ihre Sachen in Ordnung halten, aber keine von ihnen war eine Martha Stewart oder Marie Kondo. Ihre Lebensthemen waren andere. Und sie waren meine Vorbilder.
Aus mir ist keine Inkaexpertin oder Himalayabesteigerin geworden. Hier gilt es heute unter anderem einen Haushalt zu führen. Und irgendwann musste ich es mir eingestehen: Spannende Frauen hatten und haben wohl wenig Zeit für ihren Haushalt. Der Umkehrschluss, dass ich dank meines vernachlässigten, chaotischen Umfelds aber automatisch zu den interessanten und wichtigen Zeitgenossinnen gehöre, ist aber schlichtweg falsch. Miese Haushaltsführung beweist keinesfalls höhere Lebensinhalte. Autsch.
Es folgte die logische Erkenntnis, dass ich mich aber auch nicht sogleich in ein biedermeierisches Heimchen am Herd verwandle, nur weil ich mein tägliches Tun und Lassen überdenke und da und dort optimiere. Diese Einsicht war tatsächlich, lacht mich nicht aus, erhellend und beruhigend.
Und dann hat mich Tom Hodgkinson (ja, ich mag ihn sehr, hier erwähnte ich ihn bereits) eiskalt erwischt. In „Anleitung zum Müssiggang“ zeigt er auf, dass Müssiggänger besonders fleissige, strukturierte Menschen sein müssen. Denn wer z.B. den ganzen Nachmittag mit Lesen, Spazieren und Nachdenken verbringen wolle, müsse am Morgen effizient und konzentriert genug arbeiten, dass er sich damit ein Einkommen verdiene, welches dieses Verhalten zulasse. Müssiggänger seien also nicht, wie landläufig angenommen, faule, sondern besonders tüchtige Menschen.
Adaptiert auf meinen Haushalt heisst das: Gerade weil mir das Reinigen, Aufräumen und all die repetitiven Arbeiten im Haus mühselig und langweilig erscheinen, tue ich gut daran, sie professionell, engagiert und mit kürzestem Zeitaufwand auszuüben. Also gezielte Aufmerksamkeit und Hinwendung, nicht weil ich Haushaltsführung so liebe, sondern im Gegenteil, weil ich viel Zeit für anderes haben möchte.
Diese Gedanken haben bei mir mehr verändert als jeder Vorsatz, jede Aufräumaktion und jeder Haushaltsplan. Vorher habe ich mich jahrelang darüber gewundert, wieso es mir eigentlich so schwerfällt, wohltuende Ordnung und Sauberkeit länger als gefühlte 10 min nach einer Putz-Session aufrechterhalten zu können.
Sofern ihr wie ich zu den Menschen gehört, die zwar stundenlang durch Wohnblogs streifen, jedoch ihre eigenen vier Wände nie herzeigen könnten – kennt ihr eure Saboteure? Eure Gedankenmuster, welche eine echte Veränderung hin zum „Schöner Wohnen“ verhindern? Lasst sie mich wissen, ich bin gespannt!